Samstag, 27. Mai 2017

Tourbillon Nr. 2 von Christian Klings Teil 1


Da ich selbst auch Uhren entwerfe, werde ich oft mit der Frage konfrontiert, was ich denn da den ganzen Tag tue. Schließlich gibt es ja alle erdenklichen Sorten von Uhren, und fast alles, was wir bauen, gab es in etwas anderem Gewande sicher schon einmal. Und wenn man einfach nur wissen will, wie spät es ist, kann man diese Information von allen möglichen Quellen und Kanälen beziehen.

Trotzdem werden auch heute Uhren erdacht und gebaut. Für die einen ist es ein besonderer, persönlicher Schmuck, für andere eine nüchterne Geldanlage, auch Repräsentation und Sammelleidenschaften spielen heute eine Rolle.

Es gibt aber auch Menschen, für die ist eine Uhr, der sie eine Person zuordnen können, so etwas wie in Metall geformte Lebenszeit und Energie dieses Menschen. Sie kann die Geschichte dieses Stück Lebens, in der sie entstand, erzählen.

Im Falle von Christian Kling's Taschenuhr mit Tourbillon Nr.2 sind es 15 Lebensjahre, in denen er sich immer wieder mit ihr beschäftigte. Denn sie wurde ursprünglich nicht mit dem Ziel gebaut, eine Ware zu sein und verkauft zu werden. Christian Klings ist ein bedeutender selbständiger Uhrmacher unserer Zeit, der alleine in der Lage ist, komplette Kleinuhrwerke und die dazugehörigen Gehäuse zu bauen. Durch seine Armbanduhren mit Chronometerhemmungen und Tourbillons wurde er bekannt und hat besonders auf dem Gebiet, die Chronometerhemmung für den Einsatz in Armbanduhren tauglich zu machen, beachtliches geleistet. Aber er ist Uhrmacher und seine Uhren entstehen während der Arbeit aus einer Idee heraus. Es gibt keine kompletten Pläne vorher, nur Skizzen, zwischendurch auch mal Berechnungen und eben viel Ausprobieren. Gerade wenn man wie er vieles mit einfachen Maschinen und von Hand herstellt, ist es besser, zunächst mal ein etwas größeres Uhrwerk zu haben, um eine Idee zu testen und ihre beste Umsetzung auszuloten.
Christian begann deshalb 2001, ein kleines neusilbernes Taschenuhrwerk für diese Zwecke umzubauen. Sein Ziel war es, einen Tourbillonkäfig mit einer Feder-Chronometerhemmung so auszuführen, daß die beiden Hauptprobleme dieser Hemmung, das Durchgaloppieren und das Anhalten,  so zu beherrschen sind, daß die Uhr zuverlässig und benutzbar wird. Wenn bei diesen Begriffen jetzt beim Leser nur Fragezeichen auf der Stirne stehen, keine Sorge, ich werde versuchen, das in einem speziellen Abschnitt noch vertändlich zu erklären.

Er fertigte einen schönen großen Stahlkäfig in der für Glashütter Uhren typischen Omega-Form an, so wie sie Alfred Helwig verwendete. Alleine das ist in der Größe eine Meisterleistung. Der Laie wird jetzt meinen, aber kleiner ist doch schwieriger-verständlich. Denn um die Schwierigkeiten einschätzen zu können, muß man wissen, daß diese Stahlteile durch Glühen, Abschrecken und leichtes Erwärmen (das sogenannte Anlassen) gehärtet werden, damit sie sich polieren lassen und den mechanischen Beanspruchungen standhalten. Dabei verziehen sie sich oft mehr oder weniger und können sogar reißen.
Wir Uhrmacher möchten gerade in der heutigen Zeit die technischen Bestandteile der Uhr so formen und bearbeiten, daß sie schön und ästhetisch erscheinen. Denn dem Betrachter immer wieder, auch nach wiederholtem intensiven Anschauen, Freude zu bereiten, ist einer der Anliegen von uns Uhrmachern. Deshalb muß nun bei diesem komplizierten Käfig jede Fläche sauber poliert und vor allem jede Kantenbrechung bis in ihre spitz zulaufende Ecke ausgeschliffen und poliert werden.

Bei Christian Klings Taschenuhr kann der Betrachter sehr schön nachvollziehen, welchen Weg Kraft und Bewegung beim Tourbillon gehen. Wir sehen einen feinen, messingfarbenen Zahnkranz, der sich mit dem Gestell bewegt und seine Kraft aus dem federgetriebenen Laufwerk über das kleine stählerne Zahnrad in der Ecke bekommt. Der Käfig wird also angetrieben. Aber Kraft und Drehung sollen das massivgoldene Hemmungsrad der Federhemmung erreichen, damit es bei jeder Schwingung mit einem seiner Zähne die Unruh anschieben und diese so am Schwingen erhalten kann. Dazu sehen wir innen einen zweiten kleineren Zahnkranz, der fest auf der Platine montiert ist. An diesem rollt sich, wenn sich der Tourbillonkäfig dreht, das Trieb unseres Hemmungsrades ab und wird somit durch die Drehung des Käfigs gleichfalls in Rotation versetzt.

Aber wozu nun das Ganze? Die Erfindung stammt von Breguet, welcher erkannte, daß sich das System Hemmung-Unruh nie komplett auswuchten läßt und so die Schwerkraft den Gang der Uhr immer ändern wird, wenn man diese um die Achse der Unruh dreht. Also packte er eben alle Bestandteile des Systems Hemmung-Unruh gleich in einen Käfig und ließ ihn rotieren, so daß sich an den Zeigern alle schwerkraftbedingten Fehler ausmitteln.
Aber wir wissen ja auch aus Erfahrung, wo mehr Teile sind, gibt es auch mehr Probleme und Ärgernisse. Der Käfig selbst muß sehr genau ausgewuchtet sein, und das ist bei der komplizierten Form schon eine Herausforderung.

Da Christian ohne Hilfe von computergestützten Zeichenprogrammen arbeitet, die einem die Lage des Masseschwerpunktes sofort anzeigen, mußte er alles von Hand ausprobieren. So finden wir auch an diesem Käfig ein  großes und zwei kleine Gewichte, mit dem man das komplette Stück leichter auswuchten kann. Denn jedes Mal, wenn Christian etwas an seiner Hemmung oder dem Gestell veränderte, mußte er den Käfig hinterher neu wuchten.

Aber was hat Christian im Laufe der Jahre an dieser Uhr alles ausprobiert? Welche anderen Überlegungen und Ideen hat sie begleitet? Denn eines dürfte selbstverständlich sein: eine Uhr, die aus dem Leben erzählt, wird nicht perfekt sein. Sie hat die ganzen Ecken und Kanten, Erfolge und Enttäuschungen mitgemacht und Spuren davongetragen. Aber sie ist, wie ich schon sagte, etwas von dem, was für uns am kostbarsten ist, in Metall geformt: Lebenszeit, mit ihren Ideen, Träumen und Anschauungen. Sie gibt Zeugnis von Erfolgen und Irrwegen. Und nur, wenn man sie so sehen kann, wird man sich ungestört an ihr erfreuen.

Sonntag, 14. Mai 2017

Die Uhren in der St. Wolfgangskirche von Glashütte Teil 3

Das Läutewerk

Im Herbst 2008 wurden Teile des Dachstuhles und das Dach der Kirche saniert. Dabei wurden die eisernen Glocken durch neue bronzene ersetzt.


Schon lange zuvor wurden die Glocken elektrisch betätigt. Die Steuerung dazu war sehr interessant, und wir hatten damals die Gelegenheit, vorher noch einmal die Technik in Betrieb zu erleben. Leider verbieten heute strenge Vorschriften den Weiterbetrieb solcher Anlagen. Da die Technik fast ebenso interessant ist wie eine Turmuhr, möchte ich sie hier kurz vorstellen. Also gehen wir wieder zurück ins Frühjahr 2008:

Herr Rahm erzählte, daß es dringend nötig ist, den Glockenstuhl sowie die Blechbeplankung der Turmspitze zu erneuern und das dies auch bald geschehen wird. Die Glocken werden elektrisch bewegt, diese Vorrichtung wurde mit den Motoren 1928 eingebaut. Eine ähnliche Einrichtung findet man auf der Frauenkirche in Meißen. Eine Gliederkette liegt auf einem großen Stahlreifen an der Glockenaufhängung, unten steht ein Drehstrommotor und treibt die Kette an. 
Zum Läuten muß sich die Drehrichtung des Motors im Takt des Glockenschwunges umkehren. Dazu gibt es eine besonders pfiffige Vorrichtung. Auf unsere fragenden Blicke hin zückte Herr Rahm einen Schraubenzieher und öffnete einen der Schalter, die im Vorraum an der Wand hängen. An diesen länglichen Eisenkästen ist hinten ein waagerechter Hebel mit Gegengewicht zu sehen, der über Draht und Rollen mit der Glocke verbunden ist. Herr Rahm schaltete nun das Geläut ein.




Trotz dieser Demonstration konnten wir nicht bis ins Detail klären, wie die Schalter funktionieren. Es gibt ein schwenkbar gelagertes Schwungradgetriebe, was das Kippen des darunter befindlichen Umschalters bewerkstelligt. Dahinter befindet sich ein federnder Hebel mit einer Kniehebelzunge ähnlich wie bei den Hippschen Uhren. Dadurch wird wohl ermöglicht, daß das Umschalten schlagartig erfolgt. Die anschwingende Glocke bewegt über einen Draht den außenliegenden Hebel mit dem Ausgleichsgewicht, der das darauf befestigte Getriebe schwenkt. Dadurch rotiert das Schwungrad, welches dann das Getriebe mit der Umschaltvorrichtung weiterbewegt, wenn die Glocke am Umkehrpunkt stehenbleibt und zurückschwingt. Durch die nun gegenläufige Bewegung von Glocke und Schwungradgetriebe erfolgt dann wohl die Umschaltung des Motors.
Der Antrieb wurde von den Herforder Elektrizitätswerken Bokelmann  & Kuhlo geliefert.
Die Firma wurde 1896 von Eduard Bokelmann gegründet. Mit dem Eintritt von Eduard Kuhlo im Jahre 1896 beschäftigte man sich auch mit der Fertigung elektromechanischer Glockenantriebe. Der unmittelbare elektromechanische Antrieb wurde 1903 erfunden. Im Kölner Dom konnte man 1910 die damals modernste Läutemaschine installieren, mit der man drei Glocken gleichzeitig steuern konnte. Auch die Läutemaschinen des Petersdomes in Rom wurden 1931 in Herford gebaut. Damit stammen sie aus der gleichen Epoche wie die Glashütter Maschinen. 

In der hölzernen Decke zum Glockenstuhl stecken noch durchbohrte Vierkanthölzer mit einem pilzförmigen Kopf. Das sind die Seildurchführungen für den Fall, daß mal von Hand geläutet werden muß.
Auch die Zeiten des Läutens wurden schon lange elektromechanisch gesteuert. Das geschah von der Turmuhr aus über ein Steuerrad, das einen Quecksilberschalter betätigte. Diese Einrichtung konnte Herr Rahm aufbewahren.



Mittwoch, 10. Mai 2017

Die Uhren in der St. Wolfgangskirche von Glashütte Teil 2

Die Zachariä-Uhr


Die seit 1936 im Turm eingebaute mechanische Uhr ist noch heute in Betrieb und zeigt die Zeit auf dem 1986 neu gefertigten blauen Außenzifferblatt an. Sie ist in einem extra Bretterverschlag eingehaust und vom Vorraum aus auch durch ein Fenster zu sehen.

Es handelt sich um ein Turmuhrwerk von Zachariä aus Leipzig. Zachariä hatte eine besondere Verbindung zu Glashütte, da er hier auf der Uhrmacherschule lernte. Die Zeiger werden über eine kurze senkrechte Welle und ein Winkelgetriebe angetrieben, auf der Zeigerwelle sitzt ein ziemlich großes Gegengewicht. Das Zeigerwerk ist in einem Kasten eingehaust, der auf einem Eisenträger montiert ist. 


Bemerkenswert sind Übereinstimmungen mit der Bauart der Langeschen Hausuhr. Sicher rührt das daher, daß Zachariä auch die Hausuhr von Lange überholt hat und praktische Bauformen für seine Werke übernahm. Identisch ist die Art der Zeigerstellung, die über ein rechteckverzahntes sechzigzähniges Rad durch Ausheben einer Sperre in Minutenschritten erfolgt. Das Rad sitzt direkt auf der Walzenwelle und ist über ein Planetengetriebe mit der Walze gekoppelt.


Herr Rahm erzählte, daß die Uhr von einem Herrn Vogt gewartet und repariert wurde. Früher befand sich an der Zeigerwelle ein waagerecht nach vorn zeigendes Kontrollzifferblatt (das kleine Kegelrad dafür ist noch vorhanden) und eine Steuerscheibe für den Aufzug und das Geläut mit Quecksilberschaltern. Diese Einrichtung wurde leider entfernt. Herr Rahm meinte, jetzt müsse man sich beim Zeigerstellen per Handy verständigen und gut aufpassen, daß man die Drehrichtung nicht verwechselt.

Das Uhrwerk ist dreiteilig mit arkadenförmigen, grün gestrichenen Gußplatinen. Die Hebel sind zum Teil auch aus Guß und schwarz gestrichen, es handelt sich hier sicher noch um die Originalfarbe.


Vorn ist das Viertelschlagwerk angesetzt. Die Hebel gleiten mit Stiften auf den Nockenscheiben der Räder. Dieses Schlagwerk hat eine Besonderheit, es besitzt keine separate Schloßscheibe. Das Walzenrad trägt kurze und lange Hebnägel und dreht sich einmal pro Stunde. Der Schloßhebel hat einen angeschraubten Schuh, der dann auf einem langen Hebnagel aufsitzt, wenn der Schlag wiederholt werden soll. Die Hebnägel haben somit die gleiche Funktion wie eine Schloßscheibe. Näher am Zentrum trägt das Walzenrad noch einen einzelnen Stift, der nach Vollendung der Viertelschläge über einen langen Hebel das Stundenschlagwerk startet.


Das Richtung Außenzifferblatt ganz vorn stehende Stundenschlagwerk ist ein Schloßscheibenschlagwerk mit außen aufgesetzter Schloßscheibe. Die Drahtstangen und die Winkelhebel zu den Hämmern sind wohl erst vor kürzerem überholt worden, die Hebel sind grau gestrichen. Vor der Wand des Vorraumes befindet sich eine hölzerne Welle an der Decke, die die Drehbewegung überträgt. Die Hämmer sind im Glockenstuhl gelagert und schlagen von außen an die Glocken an.



In der Mitte befindet sich das Gehwerk, ein gewöhnliches Grahamwerk ohne Zwischenaufzug. Deshalb ist die Amplitude des Pendels auch sehr groß. Herr Rahm kennt sich gut mit der Technik aus und pflegt diese sicher auch selbst. So ist zum Glück alles gut geschmiert (bei Turmuhren ist zuviel besser als zuwenig). Die Pendelfeder war mal gebrochen und wurde durch ein zurechtgeschliffenes Sägeblatt ersetzt, was bis heute funktioniert hat.

Die drei Einzelwerke sind längs durch eine Welle mit drei Schnecken verbunden. Ein mit einer Federkupplung angeflanschter Motor dreht über diese Welle alle drei Walzen und besorgt den Aufzug der Uhr. Die Walzen haben außenverzahnte Planetengetriebe, damit die Kraft beim Aufzugsvorgang erhalten bleibt. Ein von Herrn Vogt unter dem eisernen Traggestell angebrachter Rahmen aus dünnen Winkeleisen besorgt das Abschalten, wenn das erste Gewicht dieses Gestell anhebt. Für den Notfall liegt noch eine Handkurbel auf dem Fensterbrett der Einhausung. Es gibt mehrere Zusatzauflagen für die Gewichte, um im Winter die Kraft erhöhen zu können. Einige liegen auf, einige wurden auch in der Empore als Kabelhalter mißbraucht.


Nachgerüstet wurde ebenfalls eine moderne Nachtabschaltung für das Schlagen. Der Magnet dafür sitzt unter dem Gehwerk auf dem Fußboden und blockiert die Seilführung zu den Hämmern. Er wird durch eine an der Wand der Einhausung montierte, modernen Schaltuhr gesteuert, die sich so gar nicht in das Bild einfügen will.


Eine Besonderheit der Uhr ist die angebaute Synchronisierung, auf die Zachariä ein Patent besaß. Es ist ein in einem runden Gehäuse eingebauter Synchronmotor mit Getriebe, der eine Scheibe mit genau der Drehzahl dreht, die der Schwingungsdauer des Pendels entspricht. Wie ein Pleuel ist auf der Scheibe exzentrisch eine Schubstange befestigt, die am Ende einen Eisenwinkel trägt. Das Pendel besitzt einen Stift, auf den man die Stange mit dem Winkel auflegen kann. Schwingt das Pendel synchron mit der Drehzahl der Scheibe, bleibt der Stift in der Ecke des Winkels. Weicht das Pendel ab, beginnt der Winkel am Stift aufzusteigen. Der geringe seitliche Druck genügt, das Pendel mit der Drehzahl der Scheibe zu synchronisieren. Die Uhr geht nun so genau, wie die Netzfrequenz ist. Das dürfte zu DDR-Zeiten aber nicht funktioniert haben. Heutzutage ist die Netzfrequenz sehr konstant, trotzdem war das Gerät leider nicht in Betrieb.



Freitag, 5. Mai 2017

Die Uhren in der St. Wolfgangskirche von Glashütte Teil 1





Vor der Sanierung der Glashütter St. Wolfgangskirche bekamen wir im Frühjahr 2008 einmal Gelegenheit, die Uhren der Kirche sowie die alten Läutemaschinen anzusehen.




Wir hatten uns nachmittags mit Herrn Rahm vor der Glashütter Kirche verabredet. Im Artikel Richard Langes ist auf die alte Kirchturmuhr verwiesen, an der Adolf Lange zuerst ein langes Pendel einbauen ließ, um ihre Genauigkeit zu verbessern. Das wollten wir uns vor Ort ansehen.
Herr Rahm empfing uns vor dem Eingang und führte uns auf die Empore.

Die schmiedeeiserne Uhr

In der Glashütter Kirche war bis 1936 eine schmiedeeiserne Uhr eingebaut. Sie stammte ursprünglich aus Johnsbach und wurde gebraucht gekauft. Zuvor war in Glashütte ebenfalls eine schmiedeeiserne Uhr eingebaut, die jedoch nur die Zeit durch Glockenschläge mitteilte.
Die „neue“ gebrauchte Uhr erhielt um 1840 ein hölzernes Zifferblatt und wurde später durch den Ratsuhrmacher Louis Müller mit einer Hakenhemmung versehen. Das war damals eine gängige Maßnahme, um die Gangleistungen der alten Werke, die meist Spindelhemmungen hatten, zu verbessern. In der Glashütter Uhr wurde jedoch ein kleineres Hemmrad verbaut. Grund dafür war die Idee Adolf Langes, die Ganggenauigkeit durch ein besonders langes und schweres Pendel weiter zu verbessern. Lange war ja auch von 1848-66 Bürgermeister von Glashütte. So regte er an, für diese Uhr ein 2,5-Sekunden-Pendel anzufertigen, welches dann über 6m lang war.






Uhrwerk, Pendel und hölzernes Zifferblatt sind noch heute erhalten. Herr Rahm brachte die Pendelstange auf die Empore.
Sie bestand aus einem ca. 5cm starken Rundholzstab mit gehobelter Oberfläche. Leider war der Stab mittig durchtrennt und gegenwärtig mit zwei Laschen notdürftig verbunden worden. Er war schwarz lackiert (was hier aber noch die Originalfarbe gewesen sein könnte) und hatte an den Enden stark angerostete und grau überstrichene Eisenbeschläge, die durch seitliche Holzschrauben mit dem Stab verbunden waren. Der obere war ein massiver doppelter Haken mit runder Fassung, im unteren lief der Stab in einem rechteckigen Querschnitt aus. Auf der am Ende angebrachten Gewindespindel befand sich die breite, flache Stellmutter.




















Nun stiegen wir mit Herrn Rahm die enge Wendeltreppe zum Turm hinauf.
Die Pendellinse befand sich getrennt von der Pendelstange im Vorraum vor der Uhr im Turm auf einem Fensterbrett. Sie war aus Gusseisen und noch im Originalzustand, hatte ungefähr 30cm Durchmesser und eine durchgehend rechteckige Öffnung für die Pendelstange.



Das Räderwerk wurde 1983 von Herrn Sauerwald etwas hergerichtet, wobei leider auch die hölzernen Walzen mit Silberbronze gestrichen wurden. Man muß entgegen aller Kritik aber bemerken, daß durch diese Herrichtung das Werk vielleicht vor der Verschrottung, auf jeden Fall aber vor weiterem Rost bewahrt wurde. Das schön geschmiedete Werk mit drei Seilrollen ist heute noch im  Kirchenschiff in einer Glasvitrine ausgestellt, dahinter steht das alte hölzerne Zifferblatt an die Wand gelehnt. Scheinbar fehlt am Werk die Aufhängung für das Pendel. Vergleichbare Uhren haben dafür einen längs auf dem Werk montierten schmiedeeisernen Träger. Er könnte mit der noch vorhandenen Flügelmutter befestigt gewesen sein und wurde auf jeden Fall auch erst 1850 nachgerüstet.

Durch die Renovierungsarbeiten an der Kirche sind dann leider einige Einzelteile des Pendels abhanden gekommen. Dem persönlichen Einsatz von Herrn Uwe Bahr ist es aber zu verdanken, daß das Pendel doch noch in der Kirche aufgehängt worden ist, was wegen seiner Länge nicht ganz einfach war. Ich habe nach unserer Besichtigung das Pendel in seiner ursprünglichen Zusammenstellung skizziert, wobei sich ursprünglich zwischen Linse und Reguliermutter sicher ein Auflagestück befunden hat. Aus den Zähnezahlen des Werkes kann man sich die Pendellänge herleiten.