Mittwoch, 10. Mai 2017

Die Uhren in der St. Wolfgangskirche von Glashütte Teil 2

Die Zachariä-Uhr


Die seit 1936 im Turm eingebaute mechanische Uhr ist noch heute in Betrieb und zeigt die Zeit auf dem 1986 neu gefertigten blauen Außenzifferblatt an. Sie ist in einem extra Bretterverschlag eingehaust und vom Vorraum aus auch durch ein Fenster zu sehen.

Es handelt sich um ein Turmuhrwerk von Zachariä aus Leipzig. Zachariä hatte eine besondere Verbindung zu Glashütte, da er hier auf der Uhrmacherschule lernte. Die Zeiger werden über eine kurze senkrechte Welle und ein Winkelgetriebe angetrieben, auf der Zeigerwelle sitzt ein ziemlich großes Gegengewicht. Das Zeigerwerk ist in einem Kasten eingehaust, der auf einem Eisenträger montiert ist. 


Bemerkenswert sind Übereinstimmungen mit der Bauart der Langeschen Hausuhr. Sicher rührt das daher, daß Zachariä auch die Hausuhr von Lange überholt hat und praktische Bauformen für seine Werke übernahm. Identisch ist die Art der Zeigerstellung, die über ein rechteckverzahntes sechzigzähniges Rad durch Ausheben einer Sperre in Minutenschritten erfolgt. Das Rad sitzt direkt auf der Walzenwelle und ist über ein Planetengetriebe mit der Walze gekoppelt.


Herr Rahm erzählte, daß die Uhr von einem Herrn Vogt gewartet und repariert wurde. Früher befand sich an der Zeigerwelle ein waagerecht nach vorn zeigendes Kontrollzifferblatt (das kleine Kegelrad dafür ist noch vorhanden) und eine Steuerscheibe für den Aufzug und das Geläut mit Quecksilberschaltern. Diese Einrichtung wurde leider entfernt. Herr Rahm meinte, jetzt müsse man sich beim Zeigerstellen per Handy verständigen und gut aufpassen, daß man die Drehrichtung nicht verwechselt.

Das Uhrwerk ist dreiteilig mit arkadenförmigen, grün gestrichenen Gußplatinen. Die Hebel sind zum Teil auch aus Guß und schwarz gestrichen, es handelt sich hier sicher noch um die Originalfarbe.


Vorn ist das Viertelschlagwerk angesetzt. Die Hebel gleiten mit Stiften auf den Nockenscheiben der Räder. Dieses Schlagwerk hat eine Besonderheit, es besitzt keine separate Schloßscheibe. Das Walzenrad trägt kurze und lange Hebnägel und dreht sich einmal pro Stunde. Der Schloßhebel hat einen angeschraubten Schuh, der dann auf einem langen Hebnagel aufsitzt, wenn der Schlag wiederholt werden soll. Die Hebnägel haben somit die gleiche Funktion wie eine Schloßscheibe. Näher am Zentrum trägt das Walzenrad noch einen einzelnen Stift, der nach Vollendung der Viertelschläge über einen langen Hebel das Stundenschlagwerk startet.


Das Richtung Außenzifferblatt ganz vorn stehende Stundenschlagwerk ist ein Schloßscheibenschlagwerk mit außen aufgesetzter Schloßscheibe. Die Drahtstangen und die Winkelhebel zu den Hämmern sind wohl erst vor kürzerem überholt worden, die Hebel sind grau gestrichen. Vor der Wand des Vorraumes befindet sich eine hölzerne Welle an der Decke, die die Drehbewegung überträgt. Die Hämmer sind im Glockenstuhl gelagert und schlagen von außen an die Glocken an.



In der Mitte befindet sich das Gehwerk, ein gewöhnliches Grahamwerk ohne Zwischenaufzug. Deshalb ist die Amplitude des Pendels auch sehr groß. Herr Rahm kennt sich gut mit der Technik aus und pflegt diese sicher auch selbst. So ist zum Glück alles gut geschmiert (bei Turmuhren ist zuviel besser als zuwenig). Die Pendelfeder war mal gebrochen und wurde durch ein zurechtgeschliffenes Sägeblatt ersetzt, was bis heute funktioniert hat.

Die drei Einzelwerke sind längs durch eine Welle mit drei Schnecken verbunden. Ein mit einer Federkupplung angeflanschter Motor dreht über diese Welle alle drei Walzen und besorgt den Aufzug der Uhr. Die Walzen haben außenverzahnte Planetengetriebe, damit die Kraft beim Aufzugsvorgang erhalten bleibt. Ein von Herrn Vogt unter dem eisernen Traggestell angebrachter Rahmen aus dünnen Winkeleisen besorgt das Abschalten, wenn das erste Gewicht dieses Gestell anhebt. Für den Notfall liegt noch eine Handkurbel auf dem Fensterbrett der Einhausung. Es gibt mehrere Zusatzauflagen für die Gewichte, um im Winter die Kraft erhöhen zu können. Einige liegen auf, einige wurden auch in der Empore als Kabelhalter mißbraucht.


Nachgerüstet wurde ebenfalls eine moderne Nachtabschaltung für das Schlagen. Der Magnet dafür sitzt unter dem Gehwerk auf dem Fußboden und blockiert die Seilführung zu den Hämmern. Er wird durch eine an der Wand der Einhausung montierte, modernen Schaltuhr gesteuert, die sich so gar nicht in das Bild einfügen will.


Eine Besonderheit der Uhr ist die angebaute Synchronisierung, auf die Zachariä ein Patent besaß. Es ist ein in einem runden Gehäuse eingebauter Synchronmotor mit Getriebe, der eine Scheibe mit genau der Drehzahl dreht, die der Schwingungsdauer des Pendels entspricht. Wie ein Pleuel ist auf der Scheibe exzentrisch eine Schubstange befestigt, die am Ende einen Eisenwinkel trägt. Das Pendel besitzt einen Stift, auf den man die Stange mit dem Winkel auflegen kann. Schwingt das Pendel synchron mit der Drehzahl der Scheibe, bleibt der Stift in der Ecke des Winkels. Weicht das Pendel ab, beginnt der Winkel am Stift aufzusteigen. Der geringe seitliche Druck genügt, das Pendel mit der Drehzahl der Scheibe zu synchronisieren. Die Uhr geht nun so genau, wie die Netzfrequenz ist. Das dürfte zu DDR-Zeiten aber nicht funktioniert haben. Heutzutage ist die Netzfrequenz sehr konstant, trotzdem war das Gerät leider nicht in Betrieb.



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