Die Zachariä-Uhr
Die seit 1936 im Turm eingebaute mechanische Uhr ist noch heute in
Betrieb und zeigt die Zeit auf dem 1986 neu gefertigten blauen Außenzifferblatt
an. Sie ist in einem extra Bretterverschlag eingehaust und vom Vorraum aus auch
durch ein Fenster zu sehen.
Es handelt sich um ein Turmuhrwerk von Zachariä aus Leipzig.
Zachariä hatte eine besondere Verbindung zu Glashütte, da er hier auf der
Uhrmacherschule lernte. Die Zeiger werden über eine kurze senkrechte Welle und ein Winkelgetriebe angetrieben, auf
der Zeigerwelle sitzt ein ziemlich großes Gegengewicht. Das Zeigerwerk ist in
einem Kasten eingehaust, der auf einem Eisenträger montiert ist.
Bemerkenswert
sind Übereinstimmungen mit der Bauart der Langeschen Hausuhr. Sicher rührt das
daher, daß Zachariä auch die Hausuhr von Lange überholt hat und praktische
Bauformen für seine Werke übernahm. Identisch ist die Art der Zeigerstellung,
die über ein rechteckverzahntes sechzigzähniges Rad durch Ausheben einer Sperre
in Minutenschritten erfolgt. Das Rad sitzt direkt auf der Walzenwelle und ist
über ein Planetengetriebe mit der Walze gekoppelt.
Herr Rahm erzählte, daß die Uhr von einem Herrn Vogt gewartet und
repariert wurde. Früher befand sich an der Zeigerwelle ein waagerecht nach vorn
zeigendes Kontrollzifferblatt (das kleine Kegelrad dafür ist noch vorhanden)
und eine Steuerscheibe für den Aufzug und das Geläut mit Quecksilberschaltern.
Diese Einrichtung wurde leider entfernt. Herr Rahm meinte, jetzt müsse man sich
beim Zeigerstellen per Handy verständigen und gut aufpassen, daß man die Drehrichtung
nicht verwechselt.
Das Uhrwerk ist dreiteilig mit arkadenförmigen, grün gestrichenen
Gußplatinen. Die Hebel sind zum Teil auch aus Guß und schwarz gestrichen, es
handelt sich hier sicher noch um die Originalfarbe.
Vorn ist das Viertelschlagwerk angesetzt. Die Hebel gleiten mit Stiften auf den Nockenscheiben der Räder. Dieses Schlagwerk hat eine
Besonderheit, es besitzt keine separate Schloßscheibe. Das Walzenrad trägt
kurze und lange Hebnägel und dreht sich einmal pro Stunde. Der Schloßhebel hat
einen angeschraubten Schuh, der dann auf einem langen Hebnagel aufsitzt, wenn
der Schlag wiederholt werden soll. Die Hebnägel haben somit die gleiche
Funktion wie eine Schloßscheibe. Näher am Zentrum trägt das Walzenrad noch
einen einzelnen Stift, der nach Vollendung der Viertelschläge über einen langen
Hebel das Stundenschlagwerk startet.
Das Richtung Außenzifferblatt ganz vorn stehende Stundenschlagwerk
ist ein Schloßscheibenschlagwerk mit außen aufgesetzter Schloßscheibe. Die
Drahtstangen und die Winkelhebel zu den Hämmern sind wohl erst vor kürzerem
überholt worden, die Hebel sind grau gestrichen. Vor der Wand des Vorraumes
befindet sich eine hölzerne Welle an der Decke, die die Drehbewegung überträgt.
Die Hämmer sind im Glockenstuhl gelagert und schlagen von außen an die Glocken
an.
In der Mitte befindet sich das Gehwerk, ein gewöhnliches
Grahamwerk ohne Zwischenaufzug. Deshalb ist die Amplitude des Pendels auch sehr
groß. Herr Rahm kennt sich gut mit der Technik aus und pflegt diese sicher auch
selbst. So ist zum Glück alles gut geschmiert (bei Turmuhren ist zuviel besser
als zuwenig). Die Pendelfeder war mal gebrochen und wurde durch ein
zurechtgeschliffenes Sägeblatt ersetzt, was bis heute funktioniert hat.
Die drei Einzelwerke sind längs durch eine Welle mit drei
Schnecken verbunden. Ein mit einer Federkupplung angeflanschter Motor dreht
über diese Welle alle drei Walzen und besorgt den Aufzug der Uhr. Die Walzen
haben außenverzahnte Planetengetriebe, damit die Kraft beim Aufzugsvorgang
erhalten bleibt. Ein von Herrn Vogt unter dem eisernen Traggestell angebrachter
Rahmen aus dünnen Winkeleisen besorgt das Abschalten, wenn das erste Gewicht
dieses Gestell anhebt. Für den Notfall liegt noch eine Handkurbel auf dem
Fensterbrett der Einhausung. Es gibt mehrere Zusatzauflagen für die Gewichte, um
im Winter die Kraft erhöhen zu können. Einige liegen auf, einige wurden auch in
der Empore als Kabelhalter mißbraucht.
Nachgerüstet wurde ebenfalls eine moderne Nachtabschaltung für das
Schlagen. Der Magnet dafür sitzt unter dem Gehwerk auf dem Fußboden und
blockiert die Seilführung zu den Hämmern. Er wird durch eine an der Wand der
Einhausung montierte, modernen Schaltuhr gesteuert, die sich so gar nicht in
das Bild einfügen will.
Eine Besonderheit der Uhr ist die angebaute Synchronisierung, auf
die Zachariä ein Patent besaß. Es ist ein in einem runden Gehäuse eingebauter
Synchronmotor mit Getriebe, der eine Scheibe mit genau der Drehzahl dreht, die
der Schwingungsdauer des Pendels entspricht. Wie ein Pleuel ist auf der Scheibe
exzentrisch eine Schubstange befestigt, die am Ende einen Eisenwinkel trägt.
Das Pendel besitzt einen Stift, auf den man die Stange mit dem Winkel auflegen
kann. Schwingt das Pendel synchron mit der Drehzahl der Scheibe, bleibt der
Stift in der Ecke des Winkels. Weicht das Pendel ab, beginnt der Winkel am
Stift aufzusteigen. Der geringe seitliche Druck genügt, das Pendel mit der
Drehzahl der Scheibe zu synchronisieren. Die Uhr geht nun so genau, wie die
Netzfrequenz ist. Das dürfte zu DDR-Zeiten aber nicht funktioniert haben. Heutzutage ist die Netzfrequenz sehr konstant, trotzdem war das Gerät leider nicht in Betrieb.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen