Sonntag, 14. Mai 2017

Die Uhren in der St. Wolfgangskirche von Glashütte Teil 3

Das Läutewerk

Im Herbst 2008 wurden Teile des Dachstuhles und das Dach der Kirche saniert. Dabei wurden die eisernen Glocken durch neue bronzene ersetzt.


Schon lange zuvor wurden die Glocken elektrisch betätigt. Die Steuerung dazu war sehr interessant, und wir hatten damals die Gelegenheit, vorher noch einmal die Technik in Betrieb zu erleben. Leider verbieten heute strenge Vorschriften den Weiterbetrieb solcher Anlagen. Da die Technik fast ebenso interessant ist wie eine Turmuhr, möchte ich sie hier kurz vorstellen. Also gehen wir wieder zurück ins Frühjahr 2008:

Herr Rahm erzählte, daß es dringend nötig ist, den Glockenstuhl sowie die Blechbeplankung der Turmspitze zu erneuern und das dies auch bald geschehen wird. Die Glocken werden elektrisch bewegt, diese Vorrichtung wurde mit den Motoren 1928 eingebaut. Eine ähnliche Einrichtung findet man auf der Frauenkirche in Meißen. Eine Gliederkette liegt auf einem großen Stahlreifen an der Glockenaufhängung, unten steht ein Drehstrommotor und treibt die Kette an. 
Zum Läuten muß sich die Drehrichtung des Motors im Takt des Glockenschwunges umkehren. Dazu gibt es eine besonders pfiffige Vorrichtung. Auf unsere fragenden Blicke hin zückte Herr Rahm einen Schraubenzieher und öffnete einen der Schalter, die im Vorraum an der Wand hängen. An diesen länglichen Eisenkästen ist hinten ein waagerechter Hebel mit Gegengewicht zu sehen, der über Draht und Rollen mit der Glocke verbunden ist. Herr Rahm schaltete nun das Geläut ein.




Trotz dieser Demonstration konnten wir nicht bis ins Detail klären, wie die Schalter funktionieren. Es gibt ein schwenkbar gelagertes Schwungradgetriebe, was das Kippen des darunter befindlichen Umschalters bewerkstelligt. Dahinter befindet sich ein federnder Hebel mit einer Kniehebelzunge ähnlich wie bei den Hippschen Uhren. Dadurch wird wohl ermöglicht, daß das Umschalten schlagartig erfolgt. Die anschwingende Glocke bewegt über einen Draht den außenliegenden Hebel mit dem Ausgleichsgewicht, der das darauf befestigte Getriebe schwenkt. Dadurch rotiert das Schwungrad, welches dann das Getriebe mit der Umschaltvorrichtung weiterbewegt, wenn die Glocke am Umkehrpunkt stehenbleibt und zurückschwingt. Durch die nun gegenläufige Bewegung von Glocke und Schwungradgetriebe erfolgt dann wohl die Umschaltung des Motors.
Der Antrieb wurde von den Herforder Elektrizitätswerken Bokelmann  & Kuhlo geliefert.
Die Firma wurde 1896 von Eduard Bokelmann gegründet. Mit dem Eintritt von Eduard Kuhlo im Jahre 1896 beschäftigte man sich auch mit der Fertigung elektromechanischer Glockenantriebe. Der unmittelbare elektromechanische Antrieb wurde 1903 erfunden. Im Kölner Dom konnte man 1910 die damals modernste Läutemaschine installieren, mit der man drei Glocken gleichzeitig steuern konnte. Auch die Läutemaschinen des Petersdomes in Rom wurden 1931 in Herford gebaut. Damit stammen sie aus der gleichen Epoche wie die Glashütter Maschinen. 

In der hölzernen Decke zum Glockenstuhl stecken noch durchbohrte Vierkanthölzer mit einem pilzförmigen Kopf. Das sind die Seildurchführungen für den Fall, daß mal von Hand geläutet werden muß.
Auch die Zeiten des Läutens wurden schon lange elektromechanisch gesteuert. Das geschah von der Turmuhr aus über ein Steuerrad, das einen Quecksilberschalter betätigte. Diese Einrichtung konnte Herr Rahm aufbewahren.



1 Kommentar:

  1. Hallo, hier eine Erklärung zu den alten HEW Steuerschaltern. Wird der Motor eingeschaltet zieht der Motor in die erste Richtung an und beschleunigt die Glocke. Über eine Rutschkupplung wird das kleine Messinggetriebe im Steuerschalter beschleunigt. Wenn der Motor es nicht mehr schafft die Glocke weiter zu beschleunigen und das Messinggetriebe schneller läuft als die Glocke schaltet es die Drehrichtung um. Unter dem Geriebe sind 2 Wechselkontakte welche zur Funkenlöschung in Trafoöl hängen die 2 Phasen tauschen und den Motor umschalten. Läutet die Glocke hoch genug wird das Messinggetriebe durch eine Bremse blockiert um verschleiss beim Läuten zu vermeiden. Eine Nockenscheibe übernimmt dann die Funktion und schaltet den Strom ein und aus.

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